Uns fällt auf: Die meisten Menschen haben zum Thema „Schwangerschaftsabbruch“ eine klare Meinung. Die Positionierung kann jedoch anders sein, wenn der Aspekt „Behinderung“ mitberücksichtigt wird.
profamilia Bundesverband, Abschlussbericht „KAST“: Kriterium: Indikation und Diagnosen
„Die Daten zeigen die hohe Bedeutung, die ein auffälliger pränataldiagnostischer Befund für das Ausstellen einer medizinischen Indikation hat […].
Fast alle teilnehmenden Einrichtungen (45 der 46 Befragten) führen in diesem Fall Schwangerschaftsabbrüche nach der 14. SSW durch.
Schwangerschaftsabbrüche aufgrund schwerer körperlicher Erkrankungen der schwangeren Person werden hingegen von etwas mehr als Zweidrittel (32 Einrichtungen) durchgeführt.
Der niedrigste Wert zeigt sich bei den Schwangerschaftsabbrüchen infolge psychischer bzw. psychiatrischer Erkrankungen der Betroffenen (19 der 46 Einrichtungen).
Diese Angaben entsprechen auch den Aussagen in den Expert*inneninterviews: Einerseits sei es schwieriger, eine medizinische Indikation zu bekommen, wenn eine andere Gesundheitsgefährdung der schwangeren Person vorliegt als die, die sich in der Folge aus einem pränataldiagnostischen Befund ergibt; andererseits sei es bei einer anderslautenden Indikation besonders herausfordernd, eine Einrichtung zu finden, die den Abbruch im zweiten oder dritten Trimenon durchführt, wurde von den Interviewpartner*innen berichtet. […]“ (S. 12-13)
Daniela, Mutter eines Kindes: Na, dann behalten Sie sich mal Ihren Optimismus!
Ich hatte mich in der Schwangerschaft nicht informiert, was Pränataltests angeht. Wir hatten aber gesagt, dass wir diese ganzen Nackenfaltenmessungen etc. nicht machen wollen. Vom NIPT-Test hatte ich noch nie gehört. Mir wurde der Test vom Arzt als Routineuntersuchung verkauft. „So, wir nehmen heute nochmal Blut ab…“
Ich habe keine Infos zum NIPT bekommen, wusste nicht mal, dass der Test NIPT heißt. Es wurde gesagt, der untersuche auf Trisomien, aber eben „So, wir machen den jetzt mal.“ anstatt mich zu fragen.
Als der NIPT positiv war, wurde ich am nächsten Tag zur Feindiagnostik geschickt, damit ich noch auf die „angenehme Art“ abtreiben könne.
Als wir auf die Fruchtwasseruntersuchung verzichtet haben und sagten, dass wir das Baby so oder so bekommen wollen würden, wurden wir förmlich zur Abtreibung gedrängt. Wir könnten ja nicht wissen, wie stark die Einschränkung sei und was unser Baby alles nicht können werde. Als ihm zuletzt keine Argumente mehr einfielen, sagte er noch ganz pampig: „Na dann behalten Sie sich mal ihren Optimismus.“ Wir haben den Arzt dann angezeigt und einen tollen neuen Feindiagnostiker gefunden.
Vera Bläsing, BM 3X21:
Es erscheint vielen Menschen paradox, dass ich mich gleichzeitig gegen die Kassenfinanzierung von NIPT und für eine Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen einsetze. Ich meine: Es wird höchste Zeit für eine Regelung außerhalb des StGB, inkl. einer Regelung zu Spätabbrüchen, die nicht allein auf Befindlichkeiten der schwangeren Person setzt, sondern auch die Lebensqualität bereits geborener Menschen mit dieser Beeinträchtigung berücksichtigt. Wir brauchen Inklusion ohne Wenn und Aber. In allen Lebensbereichen. Es darf keinen Mut erfordern müssen, sich für ein Kind mit Behinderung zu entscheiden.
DoX – Der Dokumentarfilm im BR, „Mein Leben“, 1:28:42
https://www.ardmediathek.de/video/dox-der-dokumentarfilm-im-br/mein-leben/br-fernsehen/…
WDR Nachrichten, „Bundestag verbietet Gehsteigbelästigung von Schwangeren“
https://www1.wdr.de/nachrichten/schwangerschaft-abbruch-gehsteigbelaestigung-ordnungswidrigkeit-100.html
Ausstellungs-Poster als barrierearmes PDF:
https://nonipt.de/wp-content/uploads/2024/11/Mit-zweierlei-Mass_Medizinische-Indikation.pdf