Wie emotional tot muss eine Gesellschaft sein, in der Menschen aussortiert werden sollen, die unvoreingenommen voller Herzenswärme und Lebendigkeit diese Welt bereichern und sich wahrscheinlich niemals die Frage stellen würden, welches Leben aussortiert werden müsste. Meine Tochter Alma hat mein Leben in ihren 94 Lebensminuten mehr bereichert als alles andere.
Ich habe durch die Geburt meiner Tochter die wertvollste Erfahrung meines bisherigen Lebens gemacht, nämlich das dieses nicht kontrollierbar ist.
Auch wenn die Menschen immer mehr danach streben, so wird es vermutlich niemanden zufriedener machen und es werden wahrscheinlich immer weitere Möglichkeiten des Kontrollierens entwickelt werden.
Die NIPT sind eine menschliche Form der Kontrolle und der Suche nach dem perfekten Kind, die dazu führen, dass werdende Eltern vor fast unmöglich zu treffenden Entscheidungen stehen.
Meine Schwester hat eine Beeinträchtigung, die vor der Geburt nicht hätte gesehen werden können. Meine Mutter wurde dennoch gefragt, ob sie es denn nicht vorher gewusst hätte.
Mein größter Reichtum im Leben ist die Geburt meiner Tochter. Auch wenn Alma sehr früh verstorben ist, so hat sie mir das Geschenk da gelassen, dass man sich als Mensch viel freier fühlt, wenn man eben nicht alles kontrollieren kann und das LEBEN auf sich zukommen lässt.
Denn in diesem Leben, dem kurzen Leben meiner Tochter, war Liebe für mein ganzes weiteres Leben.
Und darum geht es für mich – nicht um die Suche nach dem perfekten Menschen. Denn den werden wir zum Glück nicht finden.
Rebekka Kunstmann ist mit einer Schwester mit schwerst-mehrfach-Beeinträchtigung aufgewachsen. Dadurch ist Inklusion für sie etwas natürlich Selbstverständliches. Als Heilpädagogin liegen ihr insbesondere Menschen mit Trisomie 21 besonders am Herzen. Und wie das Schicksal es so wollte, ist sie 2018 Mutter einer Tochter mit Trisomie 21 geworden, die nach der Geburt verstorben ist. In der Schwangerschaft war es für Rebekka Kunstmann etwas natürlich Selbstverständliches keinen NIPT zu machen.